Im Bildungsraum Schweiz fallen bei Schulen, der Verwaltung, Eltern oder Lernenden Daten an, die für ein reibungsloses Funktionieren des Bildungsraums ausgetauscht werden müssen. Was an sich einfach klingt, ist in der Realität komplex: Notwendige Schnittstellen fehlen, Ansprüche an die Datenqualität variieren, die jederzeitige Verfügbarkeit von Daten ist nicht gegeben und die Anforderungen an den Datenschutz sind hoch.
Eine Blockchain als Basis für den Datenaustausch
Relativ neue Entwicklungen rund um die Blockchain-Technologie bieten nun aber die Möglichkeit, diese komplexen Datenaustausche zu vereinfachten. Die erwähnten Probleme könnten so in einem digitalen Bildungsraum angegangen werden. Dazu bedürfte es für den Datenaustausch in einem ersten Schritt der Implementierung folgender vier Grundsätze:
- Daten werden in Form von digitalen Nachweisen ausgetauscht. Diese Nachweise sind digitale Gegenstücke zu physischen Nachweisen, zum Beispiel Schulzeugnissen oder Bildungsabschlüssen. Die Echtheit dieser digitalen Nachweise wird mithilfe von Informationen auf einer Blockchain verifiziert.
- Der Austausch von digitalen Nachweisen, Daten oder Nachrichten zwischen zwei Akteuren findet über eine direkte, verschlüsselte und verzögerungsfreie Verbindung statt.
- Das Individuum steht im Zentrum des Datenaustausches und bewahrt die eigenen Daten bei sich auf. Dies stärkt die selbstbestimmte Identität der Akteure bei der Verwaltung ihrer Daten im Bildungssystem.
- Informationen aus digitalen Nachweisen können auf einfache und datensparsame Art in Form digitaler Dossiers Dritten gezeigt werden. Die Verifikation solcher Dossiers mithilfe der Blockchain stellt die Anschlussfähigkeit der Daten aus dem Bildungssystem, zum Beispiel an den Arbeitsmarkt, sicher.
Um diese teils abstrakten Grundsätze fassbarer zu machen, widmet wir uns in einer vierteiligen Videoserie pro Episode jeweils einem dieser Grundsätze.
Episode 1: digital und verifizierbar
Die erste Episode verdeutlicht am Beispiel von Luca – einem Lernenden, der seine Lehre als Schreiner EFZ antritt – wie ein Datenaustausch mit digitalen Nachweisen konkret aussehen würde. Im Video erhält Luca seinen Lehrvertrag als solchen digitalen Nachweis auf sein Handy. Mit diesem Nachweis kann sich Luca anschliessend sicher, digital und überprüfbar überall als Lernender seines Lehrbetriebes ausweisen.
Inhaltsaufbau digitaler Nachweise
Grundsätzlich bestehen digitale Nachweise aus drei Komponenten:
- Metadaten: Beinhalten allgemeine Informationen zu einem Nachweis, z.B. wer hat ihn ausgestellt? Um was für einen Typ Nachweis handelt es sich?
- Inhalte: Eigentlicher Inhalt des Nachweises, z.B. dass eine bestimmte Person Lernende bei einem bestimmten Lehrbetrieb ist.
- Kryptographische Methoden: Methoden, mit welchen der Nachweis digital signiert wird und die Ausgabestelle auf der Blockchain identifiziert werden kann.
Die Inhalte des digitalen Nachweises fassen die enthaltenen Informationen standardisiert und in hoher Qualität digital zusammen. Eine Kombination der Metadaten und der kryptographischen Methoden sorgen dafür, dass der Nachweis über eine Blockchain verifizierbar ist.
Episode 2: direkt und verschlüsselt
In der zweiten Episode werfen wir mithilfe von David – einem angehenden Gebäudereiniger EFZ – einen Blick auf die direkte und verschlüsselte Verbindung, über die digitale Nachweise ausgetauscht werden. Im Video kommuniziert unser Lernender David mit dem Leiter seines überbetrieblichen Kurses (üK) via direkter und verschlüsselter Verbindung. Über diese Verbindung erhält er auch den Kompetenznachweis für seinen ersten üK als digitalen Nachweis auf sein mobiles Endgerät.
Drei Vorteile einer direkten und verschlüsselten Verbindung
Direkte und verschlüsselte Verbindungen sind ein wichtiger Grundsatz für einen künftigen digitalen Bildungsraum. Daraus ergeben sich drei Vorteile:
- Es handelt sich um eine Verbindung mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, d.h. Inhalte können nur von den involvierten Akteuren entschlüsselt werden. Dies macht den Datenaustausch sicherer.
- Daten müssen nicht immer über einen Intermediären (z.B. Behörden oder Institutionen) ausgetauscht werden. Dadurch beschleunigt sich der Austausch und die Speicherorte von personenbezogenen Daten minimieren sich.
- Die Verbindung kann ohne – sich gelegentlich wechselnde – Koordinaten wie Adressen, E-Mail oder Handynummern aufgebaut werden und hat Bestand, solange beide Parteien dies wollen.
Episode 3: selbstbestimmt verwaltet
Die dritten Episode zeigt die Lernende Chloé. Mit ihr zusammen lernen wir, wie eine selbstbestimmte Datenverwaltung aussehen könnte. Chloé erhält alle Kompetenznachweise und Prüfungsergebnisse als digitale Nachweise. Um ihren Abschluss «Gärtnerin EFZ» zu erhalten, reicht sie ein digitales Dossier – also eine Sammlung mehrerer digitaler Nachweise – beim Berufsbildungsamt ein. Chloé behält so die Kontrolle über ihre Daten und steht als Individuum mit selbstbestimmter Identität im Zentrum des Datenaustausches.
Wie selbstbestimmte Identität das Individuum ins Zentrum stellt
Das Konzept der selbstbestimmten Identität bietet in einem digitalen Bildungsraum folgende Vorteile:
- Die Bildungsinstitution als Überprüfungsstelle muss nicht mehr zwingend personenbezogene Daten speichern. Diese Daten werden bei Bedarf über eine sichere und direkte Verbindung nachgefragt. Durch die verteilte Aufbewahrung der Daten entfällt die Sicherung grosser Datenmengen.
- Lernende können wählen, welche Auszüge ihrer Leistungsnachweise sie an Drittparteien senden. Dadurch können sie Informationen zurückbehalten, die nicht von Belang oder schützenswert sind.
- Die Verifizierung der Daten erfolgt, ohne dass ein Kontakt zwischen Ausgabestelle und Überprüfungsstelle notwendig ist.
Episode 4: datensparsam und anschlussfähig
In Episode vier demonstriert Giulia die Anschlussfähigkeit digitaler Nachweise indem sie Nachweise unterschiedlichen Ursprungs – also dem Bildungssystem und dem Arbeitsmarkt – zusammen kombiniert, um sich an der Fachhochschule einzuschreiben. Ausserdem profitiert Giulia von der Datensparsamkeit digitaler Nachweise, d.h. sie kann in ihrer Anmeldung an die Fachhochschule ihre personenbezogenen Daten auf das absolut notwendige Minimum reduzieren.
Anschlussfähig und Datensparsam – zwei Vorteile digitaler Nachweise
Würden Diplome und Arbeitszeugnisse künftig in Form digitaler Nachweise ausgestellt werden, wären sie – im Unterschied zu heute – anschlussfähig und datensparsam.
- Anschlussfähig ermöglicht die Kombination digitaler Nachweise aus unterschiedlichen Quellen, z.B. das Bachelor- und das erste Praktikumszeugnis mit wenigen Klicks in einem digitalen Dossier vorzunehmen. Dies vereinfacht das Speichern, das Aufbewahren, den Austausch und das Verifizieren von Daten.
- Datensparsamkeit erlaubt es das Teilen personenbezogener Daten für einen bestimmten Zweck auf das absolut notwendige Minimum zu reduzieren. Diplome könnten so beispielsweise ohne Geburtsdatum und Matrikelnummer geteilt werden.